Info M, 1-2/2009, Seite 31

Grundbuchfähigkeit der GbR: Kann die GbR als Grundbuchberechtigte eingetragen werden?

Prof. Dr. Ekkehart Reinelt, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof
 

Die BGB-Gesellschaft kann Eigentum und beschränkt dingliche Rechte an Grundstücken erwerben. Diese materiellen Rechte sind auch formell buchungsfähig. Deshalb kann die GbR als Berechtigte in das Grundbuch eingetragen werden.

BGH, Beschl. v. 4.12.2008 — V ZB 74/08 — www.bundesgerichtshof.de

Der Fall: Eine GbR beantragt und erreicht unter ihrer Bezeichnung ein Versäumnisurteil über rund 40.000 €. Sie beantragt u.a. wegen dieses Titels die Eintragung einer Zwangshypothek zu ihren Gunsten. Grundbuchamt und Beschwerdegericht weisen zurück. Das KG will das Grundbuchamt anweisen, die beantragte Zwangssicherungshypothek einzutragen. Es sieht sich jedoch durch divergierende OLG-Entscheidungen gehindert und legt deshalb gem. § 79 Abs. 2 GBO dem BGH vor.

§ 15 GBV
(3) Steht das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht nach dem Inhalt des Grundbuchs den Mitgliedern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur gesamten Hand zu und wird diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Handels[...]gesellschaft, so ist das Grundbuch auf Antrag zu berichtigen, indem die Handelsgesellschaft [...] als Eigentümerin oder Inhaberin des Rechts eingetragen wird.

Hintergrund: Bereits 2001 hat der BGH die Teilrechtsfähigkeit der GbR anerkannt (29.1.2001 — II ZR 331/00). Seither stand die Frage im Raum, ob das nicht auch Wirkung für die Grundbuchfähigkeit haben muss.

  • Nein (bisher h.M.): z.B. BayObLG, 31.10.2002 — 2 Z BR 70/02 — NJW 2003, 70; OLG Celle, 13.3.2006 — 4 W 47/06 — NJW 2006, 2194; OLG Schleswig, 29.10.2007 — 2 W 212/07 — NJW 2008, 306.
  • Ja: OLG Stuttgart, 9.1.2007 — 8 W 223/06 — NJW 2008, 304; OLG Dresden, 26.5.2008 — 3 W 55/08 — ZIP 2008, 2361; Reinelt, ZAP 2006, Fach 13, S. 1387 auch mit verfassungsrechtlicher Argumentation.
  • Ja, aber GbR und Gesellschafter einzutragen: z.B. Bauer/v. Oefele (Wilke), GBO, 2. Aufl., 2006, § 13 Rdn. 34.
  • Ja, aber nur Gesellschafter einzutragen: z.B. Bielicke, Rpfleger 2007, 441.

Die Entscheidung: Der BGH hebt die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und weist das Grundbuchamt an, die Eintragung nicht an der fehlenden Grundbuchfähigkeit der GbR scheitern zu lassen.
Abweichend von den Bedenken des BayObLG, a.a.O. sei davon auszugehen, dass die GbR materiellrechtlich Eigentum an Grundstücken und beschränkt dingliche Rechte erwerben kann, Verweis auf BGH, 25.1.2008 — V ZR 63/07; BGH, 25.9.2006 — II ZR 218/05 — Info M 2007,41. Der BGH betont: Es handelt sich um Gesellschaftsvermögen, nicht um Gesellschaftervermögen, Verweis auf BGH, 25.9.2006 a.a.O.

Zwar ergäben sich praktische Schwierigkeiten, weil kein Register für die GbR vorhanden ist, dem man Gesellschafterbestand und Vertretungsbefugnisse (mit Gutglaubensschutz) entnehmen könnte. Diese Schwierigkeiten seien aber vorübergehend hinzunehmen „bis zu ihrer erforderlichen Behebung durch den Gesetzgeber", Verweis auf BGH, 25.1.2008 a.a.O. Sie „ändern an der Eigentumslage nichts". Der BGH argumentiert: „Das materiellrechtliche Eigentum der GbR ist auch formell buchungsfähig". Die Einzelheiten seien im geltenden Grundbuchrecht nicht geregelt. Die Vorschrift § 15 Abs. 3 Satz 1 GBV betreffe die Umwandlung der GbR in eine Handelsgesellschaft. Zwar gehe diese Rechtsnorm davon aus, dass nur natürliche und juristische Personen sowie rechts- und registerfähige Personengesellschaften eingetragungsfähig sind. Damit entspreche sie aber nicht mehr der materiellen Rechtslage. Die fehlende Anpassung des formellen Grundbuchrechts erschwere zwar Grundbucheintragungen, schließe sie aber nicht aus, Verweis auf BGH, 25.1.2008 a.a.O. Wer Rechtsträger ist, „bestimmt sich allein nach dem materiellen bürgerlichen Recht." Das Grundbuchrecht beschränke die Buchbarkeit von Eigentum nicht. Es solle den Rechtsverkehr mit Grundstücken „auf sichere und verlässliche Weise ermöglichen, aber nicht verhindern". Vielmehr sei das Verfahrensrecht „an das geänderte Verständnis des Wesens der GbR anzupassen", Verweis wie vor: „Daran hat sich die Auslegung des Grundbuchrechts auszurichten."

Kommentar Verfahrensdauer: Nur rund 7 Monate liegen zwischen Vorlage und BGH-Beschluss. Der BGH kann also eine beschleunigte Gangart einlegen, wenn es um Fragen mit bedeutender Praxisauswirkung geht.

Kommentar Ergebnis: Die Entscheidung ist nach Etablierung der Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft konsequent, notwendig und richtig. Die Abwehr der Traditionalisten ist zusammengebrochen. Nulla opinio in aeternum; keine Rechtsauffassung ist ewig. Die Schamfrist für die Anerkennung der Grundbuchfähigkeit ist vorbei.